Offizielle Inbetriebnahme der bundesweit einzigen Urananreicherungsanlage (UAA) in Gronau vor 35 Jahren / Demonstration am 8. August
Anlässlich des 35. Jahrestages der offiziellen Inbetriebnahme der bundesweit einzigen Urananreicherungsanlage (UAA) in Gronau (NRW) fordert der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) gemeinsam mit weiteren Initiativen und Verbänden die sofortige Stilllegung der umstrittenen Atomfabrik. Die Anlage begann am 15. August 1985 mit der Produktion von angereichertem Uran, das die Grundlage für den Betrieb zahlreicher Atomkraftwerke im In- und Ausland ist. Am 12. Juni 1986, nur wenige Wochen nach der Atomkatastrophe in Tschernobyl, erfolgte dann die offizielle Einweihung der Uranfabrik im Dreiländereck NRW – Niedersachsen – Niederlande. Der damalige Bundesforschungsminister Riesenhuber wurde extra mit einem Hubschrauber zur Teilnahme an der Einweihung eingeflogen. Vor der Urananreicherungsanlage demonstrierten etwa 300 AtomkraftgegnerInnen und beerdigten symbolisch ein Atomkraftwerk. In den folgenden 35 Jahren – bis heute – brach der vielfältige Protest gegen die Anlage nicht ab.
Betrieben wird die Gronauer Urananreicherungsanlage vom Urenco-Konzern, der international tätig ist, und der unter anderem auch die niederländische Schwesteranlage in Almelo, 30 Kilometer westlich von Gronau, betreibt. Der deutsche Zweig des Urenco-Konzerns ist jeweils zu 50 Prozent im Besitz der Energiekonzerne E.ON und RWE.
Atomausstieg umsetzen – Land und Bund müssen die UAA Gronau sofort stilllegen!
Bisher erfolgt die Urananreicherung in Gronau ohne jede Laufzeitbegrenzung.
„Die zuständige Landesregierung in Düsseldorf muss gemeinsam mit der Bundesregierung endlich dafür Sorge tragen, dass dieser unhaltbare Zustand, der den Geist des bundesweiten Atomausstiegs vollkommen unterläuft, endlich beendet wird“, fordert das Gronauer BBU-Vorstandsmitglied Udo Buchholz.
Wiederholt gab es in der Gronauer Uranfabrik Störfälle und 2010 wurde sogar ein Arbeiter in der Anlage verstrahlt. Der BBU, weitere Umweltverbände und Bürgerinitiativen wie der Arbeitskreis Umwelt (AKU) Gronau und das Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen befürchten, dass der Anlagenbetrieb mit dem zunehmenden Alter der Anlage noch unsicherer wird. Immerhin ist der älteste Anlagenbereich bereits fast 36 Jahre in Betrieb.
Bei der Urananreicherung in der UAA Gronau fällt Atommüll an, der in großen Mengen unter dem freien Himmel neben der Anlage gelagert wird (Containerlager für abgereichertes Uranhexafluorid, UF6). Neben der Urananreicherungsanlage wurde zudem eine Halle als „Zwischenlager“ für rund 60.000 Tonnen Atommüll in Form von Uranoxid gebaut. Eingelagert wurde dort aber bisher noch nicht. Abgereichertes Uranhehafluorid wurde in der Vergangenheit immer wieder nach Russland und Frankreich exportiert. Gegen diese Atommüll-Verschiebung wurde häufig und kreativ mit Blockadeaktionen und Demonstrationen protestiert.
Proteste auch gegen Urantransporte und die atomwaffentaugliche Zentrifugentechnik
Von den zahlreichen Urantransporten mit LKW und Sonderzügen von und zur Anreicherungsanlage gehen erhebliche Gefahren aus. Hilfs- und Rettungskräfte wie das THW oder örtliche Feuerwehren an den Transportstrecken werden im Vorfeld nicht über die Transporte informiert. „Die UAA Gronau ist eine internationale Drehscheibe für Urantransporte und darum sind auch gemeinsame Proteste über Landesgrenzen hinweg immer wieder wichtig“, betont Matthias Eickhoff vom Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen.
Auch Friedensorganisationen wie die Ärzte gegen den Atomkrieg (IPPNW) oder die Deutsche Friedensgesellschaft / Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) fordern immer wieder die Stilllegung der Gronauer Urananreicherungsanlage. Die Zentrifugentechnik, die in der Gronauer Anlage, aber auch im Iran, zum Einsatz kommt, kann auch zur Produktion von Uran für Atomwaffen genutzt werden.
Schon vor dem Bau der UAA Gronau hat es in den 1970er Jahren Proteste gegen die Anlage gegeben. Nach der Inbetriebnahme brach der Protest nicht ab und es gab und gibt ständig weitere Aktionen gegen die Gronauer Uranfabrik, gegen die Urantransporte und gegen den vorgeschalteten Uranabbau, der in Kanada, Afrika und anderswo erfolgt. Ein Höhepunkt der Proteste war 2011 ein Ostermarsch zur Urananreicherungsanlage, an dem sich etwa 15.000 Personen beteiligt haben.
Zentrale Forderung der Anti-Atomkraft-Initiativen und Friedensorganisationen: Die zuständige NRW-Landesregierung muss die sofortige Aufhebung aller für die UAA erteilten Betriebsgenehmigungen veranlassen. Dass das rechtlich möglich und machbar ist, wurde mehrfach mit Gutachten belegt. Die Atomaufsicht in NRW ist beim NRW-Wirtschaftsministerium angesiedelt. Mehr dazu unter http://www.ippnw.de/atomenergie/atomrecht/artikel/de/gutachten-uranfabriken-koennen-stil.html
Weitere Proteste:
Wichtiges Element der dauerhaften Proteste in und um Gronau gegen die Urananreicherung und die damit verbundenen Urantransporte sind die monatlichen Sonntagsspaziergänge. Sie finden seit Ende 1986 regelmäßig am ersten Sonntag im Monat an der Urananreicherungsanlage statt. Nächster Termin: 4. Juli 2021. Weitere Proteste werden folgen, zum Beispiel am 8. August anlässlich der Jahrestage der Atombombenabwürfe über Hiroshima (6.8.45) und Nagasaki (9.6.45).
Dokumentation:
Pressebericht der Gronauer Nachrichten vom 13. Juni 1986 über die Einweihung der UAA Gronau und den Protest dagegen (Seite 32):
Gemeinsame Pressemitteilung:
- Aktionsbündnis „Stop Westcastor
- Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen
- Arbeitskreis Umwelt (AKU) Gronau
- Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU)
- Bündnis AgiEL (AtomkraftgegnerInnen im Emsland)
- Bürgerinitiative „Kein Atommüll in Ahaus“
- Deutsche Friedensgesellschaft-Vereinigte KriegsdiensgegnerInnen NRW
- Ekkehard Lentz, Sprecher des Bremer Friedensforums
- Initiative Sofortiger Atomausstieg (SofA) Münster
- Natur- und Umweltschutzverein Gronau (NUG)
- NaturFreunde Deutschlands