Strafanzeige gegen Brennelementproduzent Framatome/ANF
– Umweltministerium muss Bundesamt Kompetenz entziehen
„Rechtsbruch muss zu Schließung in Lingen führen“
AtomkraftgegnerInnen aus dem Emsland, dem Wendland und dem Münsterland haben nach einem gestrigen Bericht in der „taz“ heute Mittag bei der Staatsanwaltschaft Osnabrück Strafanzeige gegen den Brennelementehersteller Framatome und seine Lingener Tochter ANF gestellt. Es besteht der dringende Verdacht der mehrfachen unerlaubten Ausfuhr von Brennelementen. Darauf stehen nach § 328 StGB bis zu fünf Jahre Haft.
Zudem fordern die Anti-Atomkraft-Initiativen vom Bundesumweltministerium, dem für Exportgenehmigungen zuständigen Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), wegen offensichtlicher Überforderung mit sofortiger Wirkung die Zuständigkeit für die Erteilung und Bearbeitung von Exportgenehmigungen im Atombereich zu entziehen. Als weitere Konsequenz aus den nun bekanntgewordenen Rechtsbrüchen müssen alle aktiven Export- und Transportgenehmigungen für Framatome/ANF sofort aufgehoben werden. Ziel muss die Schließung der Brennelementefabrik Lingen sein, da der Betreiber nicht die im Atomgesetz zwingend geforderte Zuverlässigkeit mit sich bringt.
Die „taz“ hatte gestern berichtet, dass Framatome/ANF am 18., 20. und 21. Januar und womöglich sogar noch am 25. Januar Brennelemente von Lingen zu den belgischen Pannenreaktoren Doel 1 und 2 geliefert hat. Das war ein klarer Rechtsbruch, weil der BUND NRW Anfang Januar beim BAFA als klageberechtigter Umweltverband einen Widerspruch gegen diesen Export eingelegt hat, der sofort aufschiebende Wirkung entfaltete.
Dass Framatome/ANF bereit ist, sich über die rechtlichen Schranken bedenkenlos hinwegzusetzen, zeigte sich schon im Dezember, als der Brennelementehersteller in einer ähnlichen Konstellation am 14. und 28. Dezember zwei Transporte von Lingen zum Schweizer AKW Leibstadt durchführte. In diesem Fall läuft derzeit ein von Framatome/ANF selbst angestrengtes Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht Frankfurt. Im Januar wurden aus Baden-Württemberg mehrere Strafanzeigen wegen der Leibstadt-Transporte gestellt. Daraufhin hatte Framatome laut taz vom 21. Januar die Exporte nach Leibstadt ausgesetzt.
Der Lingener Geschäftsführer von Framatome/ANF, Peter Reimann, war sich der Brisanz dieser Rechtsverletzungen schon im Oktober 2020 bewusst. Am 16.10. hieß es in der Lingener Tagespost mit Blick auf die Exporte von Lingen an die AKW Doel 1 und 2:
„ANF werde die bestehende Genehmigung vollziehen, sprich wie geplant mit der Lieferung der Brennelemente nach Doel beginnen, falls das Verwaltungsgericht nicht in den nächsten Tagen über den Eilantrag entscheide. Trotzdem wäre Reimann eine Entscheidung recht: „Ich möchte nicht den Export unterschreiben und habe hinterher den Staatsanwalt am Hals.“
Zwei neue Exportgenehmigungen für Niederlande und Finnland Anstatt die Exporte zu begrenzen und zu stoppen, hat das BAFA in den letzten Tagen der Framatome/ANF sogar zwei neue Exportgenehmigungen erteilt: für Brennelemente von Lingen nach Borssele/NL sowie Olkiluoto/Finnland. Diese Genehmigungen müssen in der jetzigen Situation sofort aufgehoben werden.
„Wir sind entsetzt, mit welcher Entschlossenheit sich die Framatome/ANF in Lingen über laufende Rechtsverfahren und rechtliche Beschränkungen hinwegsetzt. Völlig unverständlich ist, warum das Bundesumweltministerium und das BAFA diesem Treiben einfach so zuschauen. Und was macht eigentlich die Atomaufsicht in Niedersachsen? Klar ist, dass der Betreiber Framatome/ANF nicht mehr die nach dem Atomgesetz erforderliche Zuverlässigkeit besitzt, und dass das BAFA mit der Kontrolle der nuklearen Exporte völlig überfordert ist. Auch deshalb haben wir jetzt Strafanzeige gestellt. Was muss eigentlich noch geschehen, bevor es konkrete Konsequenzen gibt?“ fragte Alexander Vent vom Bündnis AgiEL – AtomkraftgegnerInnen im Emsland.
Verwendete Quellen-Links von taz, BMU und BASE:
https://taz.de/Brennelemente-von-Lingen-nach-Doel/!5743479/
https://taz.de/Umstrittene-Exporte-aus-Lingen/!5741985&s=Brennelemente
/https://www.bmu.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Nukleare_Sicherheit/ausfuhrgenehmigungen_brennelemente_bf.pdf
(Quelle: Pressemitteilung / Bündnis AgiEL – AtomkraftgegnerInnen im Emsland -Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen – Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg – AKU (Arbeitskreis Umwelt) Schüttorf – AKU (Arbeitskreis Umwelt) Gronau – SOFA (Sofortiger Atomausstieg) Münster – BBU (Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz)